Der digitale David schlägt den trägen Goliath!

Im letzten Blogartikel habe ich über Sprache und die neuen, smarten Assistenten wie „Siri“, „Alexa“ und „Ok Google“ geschrieben. Und über die steigende Bedeutung dieser Sprachassistenten. Denn sie werden das nächste große Ding nach dem Smartphone! Daran zeigt sich das Dilemma der etablierten Autobauer. Sprachsteuerung hätte zur Domäne der Autoindustrie werden müssen. Sprachsteuerung wäre DIE Chance gewesen, den Tech-Giganten aus dem Silicon Valley etwas entgegenzusetzen. Auf einem heiß umkämpften Zukunftsmarkt. Mit den Daten vieler Millionen Nutzer. Und mit echtem Mehrwert. „Okay Mercedes!“ und „Hey Audi!“ hätten die kriselnde Autoindustrie auf einen Schlag digitalisieren können. Die Kunden? Hätten es dankbar angenommen. Wie jetzt bei Google und Amazon. Das Auto hätte zur Kommandozentrale für den Einkauf werden können. Immer mehr Menschen pendeln immer längere Strecken mit dem Auto zum Arbeitsplatz. Auf dem Heimweg im Auto per Sprache den Einkauf im Supermarkt vorbestellen, die Pizza ordern oder die Blumen für die Frau reservieren – damit wäre der Autohersteller zur Plattform geworden. Er hätte an jeder Bestellung mitverdient und immer mehr Daten erhalten – und damit Wünsche und Bedürfnisse seiner Kunden erfahren. Die smarten Sprachassistenten bieten im E-Commerce Bereich ganz neue Möglichkeiten. Diesen Schatz werden – mal wieder – andere heben. 

 

Die Schnellen schlagen die Großen

 

Was produzieren die etablierten Autobauer stattdessen? Eine ausgewachsene Dieselaffäre. Die Politik reagiert mit Fahrverboten auf die Luftverschmutzung. Und kein Ende in Sicht! E-Mobilität? Überlassen wir Tesla und China. Wozu auch etwas ändern? Es geht doch nichts über solide Lobbyarbeit. Die hält den Fortschritt erfolgreich auf Distanz. VW hat gerade Rekordumsätze eingefahren – trotz Dieselgate! Läuft! Auch ohne Innovationen. Es sei denn, jemand kommt von außen und füllt dieses Vakuum. Ein Staubsaugerhersteller vielleicht? James Dyson investiert 2,5 Milliarden Euro in die Verbesserung von Festkörperakkus. 2021 will er die ersten eigenen E-Autos auf die Straße bringen. Und Mr. Dyson hat Erfahrung in der Entwicklung neuartiger Produkte. Und er bringt das richtige Mindset mit. 5.127 Versuche hat er benötigt, bis sein Zyklon-Staubsauger lief. Aufgeben? Resignieren? Für Dyson keine Optionen. Heute baut er Staubsauger, Handtrockner, Ventilatoren – und bald Elektroautos.

 

Was sagen die Experten?

 

Die lächeln nur müde und zweifeln am Erfolg solcher Visionen. Wie bei dem Streetscooter der Deutschen Post. Der gelbe Elektroflitzer gehört längst zum Stadtbild. In die Röhre schauen die bekannten Autohersteller. Sie lassen sich von einem Logistiker die Butter vom Brot nehmen. Peinlich! Es geht aber noch schlimmer. Daimler hat sich über eine Tarnfirma einen Streetscooter besorgt, um ihn auf Herz und Nieren zu prüfen. Nur dumm, dass der Elektrotransporter GPS verbaut hatte. So konnte die Post ihn auf einem Firmengelände von Daimler orten und pressewirksam zurückfordern. So etwas passiert, wenn man sich mit Digitalisierung nicht auskennt. 3.000 Streetscooter sind bei der Post im Einsatz. Anzahl steigend. Auch Handwerker, Bäcker, Dienstleister wollen einen. Erste Kommunen setzen ebenfalls auf das umweltfreundliche Fahrzeug. Allen voran Stuttgart. In Anbetracht drohender Fahrverbote keine schlechte Wahl. Ein E-Auto für Privatleute? Baut die Post auch bald. Tja, die Pioniere der Elektromobilität in Deutschland sind nicht Mercedes, BMW, Porsche oder VW. Nein, es sind die Studenten der RTWH in Aachen, die den Streetscooter entwickelt haben. Die Post? Hat das Potenzial erkannt und rechtzeitig zugeschlagen und investiert.

 

Fail fast and often

 

So funktioniert Fortschritt heute. Schnell mit eigenen Produkten an den Markt. Planen umsetzen – überprüfen – handeln. Nicht jahrelang am Big-Bang-Rollout feilen. Verbesserungen werden inkrementell – in kleinen Schritten – umgesetzt. Nur durch experimentelles Handeln, durch Versuch und Irrtum sowie durch schnelles Lernen und Anpassen kann man in einer komplexen Welt bestehen. Komplex bedeutet, dass die Zusammenhänge oft noch nicht bekannt sind. Hinzu kommt die exponentielle Geschwindigkeit von Entwicklungen. Für uns Menschen ist so ein nicht-lineares Tempo nur schwer begreifbar und einschätzbar. Wir müssen lernen, groß zu denken, aber klein zu starten. Ständige Rückmeldungen der Kunden führen zur regelmäßigen Verbesserung der eigenen Produkte und Dienstleistungen. Und der Kundenkontakt gewährleistet, dass wir veränderte Kundenbedürfnisse rechtzeitig erkennen können. Die Kunden zu erfreuen, wird das primäre Ziel. Das funktioniert aber nur in agilen Unternehmen. Wie? Dafür gibt es keinen Standardweg. Jedes Unternehmen ist individuell und kann nur gemeinsam mit den Mitarbeitern den eigenen Weg finden.

 

Die größte Herausforderung ist der eigene Erfolg

 

Nichts ist schlimmer, als 10 oder 20 Jahre anhaltender Erfolg. Erfolg macht blind, träge und faul. Nur dumm, wenn es dem Mitbewerber nicht so gut geht und er auf einmal sein Geschäftsmodell infrage stellt. Das kann ganz schnell fatale Folgen für das eigene Unternehmen haben. Wer überleben will, muss flinker werden. Die Liste der Unternehmen, die diese Agilität vermissen ließen und nicht mehr existieren, wird ständig länger. Ein großer Name und eine lange Tradition schützen nicht mehr vor dem Untergang.

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